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.Urey dagegen hatte seine Gase gerade deshalbausgewählt, weil sie alle Wasserstoff enthalten.Chemiker nennensolche Gase Reduktionsmittel.Reduktion ist das Gegenteil vonOxidation, und da organische Moleküle wasserstoffreich sind,kann nur eine reduzierende Atmosphäre sie hervorbringen.Heutehält man es jedoch für wahrscheinlicher, dass die früheErdatmosphäre weder ein Reduktions- noch ein Oxidationsmittelwar, sondern eine neutrale Mischung von Kohlendioxid undStickstoff, zwei Gasen, welche die Bildung von Aminosäurennicht ohne weiteres begünstigen.Der zweite Grund, weshalb man an der Bedeutung des Miller-Urey-Experiments zu zweifeln begann, war die Entdeckung, dasses keineswegs schwer ist, Aminosäuren zu produzieren.Es gelangauch mit Versuchsanordnungen, die vollkommen anders aussahenals die in Chicago.Den elektrischen Funken als Energiequellekonnte man durch einen Brennofen, eine Ultraviolettlampe, durchSchockwellen oder energiereiche Chemikalienmixturen ersetzen.Wie sich zeigte, entstehen Aminosäuren fast von selbst.Manfindet sie sogar in Meteoriten und in den Tiefen des Weltraums.Und schließlich gibt es auch einen begrifflichen Grund, weshalbdas Miller-Urey-Experiment nicht mehr den Status genießt, den es einmal innehatte.Man darf nämlich nicht annehmen, der Wegzum Leben sei wie eine Produktionsstraße, die von einerbestimmten Chemikaliensuppe unausweichlich zu lebendenOrganismen führt.Aminosäuren mögen die Bausteine derProteine sein, doch zwischen Bausteinen und einer fertigenStruktur besteht ein himmelweiter Unterschied.Ein HaufenBacksteine stellt noch lange kein Haus dar, und von Aminosäurenzu den großen, spezialisierten Proteinmolekülen, die das Lebenerfordert, ist es ein sehr weiter Weg.Für die Entwicklung von Leben in einer Ursuppe gibt es zweiwesentliche Hindernisse.Zunächst ist eine solche Brühe allemErmessen nach zu dünn, als dass sie viel hervorbringen könnte.InHaldanes Urozean kämen die richtigen Komponenten kaumjemals zur selben Zeit am selben Ort zusammen.Ohne einenMechanismus, der den Chemikalien zu einer höherenKonzentration verhilft, erscheint die Bildung komplexererSubstanzen jenseits der Aminosäuren zum Scheitern verurteilt.Man kam also auf viele phantasievolle Ideen, das Gebräuanzureichern.Zum Beispiel könnte Darwins warmer Tümpelallmählich verdunstet sein, so dass ein kräftiger Schleimzurückblieb.Oder mineralische Oberflächen, wie etwa Ton,könnten aus einem flüssigen Medium einsickernde Chemikalienaufgefangen und in sich konzentriert haben.Ob irgendetwasdavon realistisch ist, weiß kein Mensch.In der Erdkruste ist jedenfalls nichts zu finden, was an eineUrsuppe erinnert und einen Anhaltspunkt liefern könnte.Das andere Problem ist noch grundsätzlicherer Natur und hängtmit dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik zusammen.Wiewir uns erinnern, beschreibt dieses Gesetz die Tendenz zu Zerfallund Auflösung in der Natur, weg von Ordnung und Komplexität.Die Bildung komplexerer Biomoleküle ist im Sinne derThermodynamik eine Entwicklung «gegen den Strom».Auf denersten Blick scheint dies in Widerspruch zu den experimentellenErgebnissen zu stehen, nach denen sich Aminosäuren ohneweiteres unter verschiedensten Bedingungen bilden können, doch bei näherer Betrachtung erweist sich der Widerspruch als eineTäuschung.Wie ich in Kapitel 2 erklärt habe, kann an einer StelleOrdnung entstehen, wenn zugleich eine größere Menge vonUnordnung oder Entropie in die Umgebung entlassen wird.Diesist zum Beispiel der Fall, wenn eine Flüssigkeit kristallisiert.ImKristall sind die Atome geordneter als in der Flüssigkeit; er hatalso die geringere Entropie.Allerdings wird bei derKristallbildung Wärme frei, die in die Umgebung entweicht, wasden Entropieverlust in der Lösung mehr als aufwiegt.Dasselbe gilt für die Aminosäuren.Ihre Entstehung ist inthermo-dynamischer Hinsicht von Gewinn, was mit der Rolle derfreien Energie zusammenhängt.Verringert ein Prozess denEnergieinhalt eines Systems  geht es sozusagen «bergab»  ,dann hat er den Segen des zweiten Hauptsatzes.Ein Prozess, der«bergauf» führt, widerspricht dagegen dem Naturgesetz.Wasserfließt niemals bergauf.Man kann es zwar dazu bringen, doch nurwenn man Energie aufwendet.Ein spontaner Prozess geht stetsbergab, und ein solcher Prozess ist auch die Bildung vonAminosäuren.Deshalb sind sie so einfach herzustellen.Doch dann beginnen die Schwierigkeiten.Der zweite Schritt aufdem Weg zum Leben  zumindest wenn dieser über Proteineführt  ist die Verbindung der Aminosäuren zu sogenanntenPeptiden.Ein Protein ist nichts anderes als eine lange Peptidkette,ein Polypeptid.Während die spontane Bildung von Aminosäurenein erlaubter Berg-ab-Prozess ist, geht es bei der Verkopplungvon Aminosäuren zu Peptiden bergauf, thermodynamisch also indie falsche Richtung.Genauer gesagt muss für jede neuePeptidverbindung ein Wassermolekül aus der Kette weichen.Ineiner wässrigen Ursuppe ist dies thermodynamisch ungünstig undwird folglich spontan niemals geschehen.Das Wassermolekülmuss in die wässrige Umgebung gezwungen werden.Peptidbildung ist sicher nicht unmöglich, sonst könnte sie nichtin lebenden Organismen vorkommen.Doch da wird sie durchbesondere, energiegeladene Moleküle angetrieben, welche dienotwendige Arbeit verrichten.In einer einfachen chemischen Suppe ständen solche spezialisierten Moleküle nicht zurVerfügung.Eine wässrige Brühe ist also ein Rezept nicht für denAufbau, sondern für den Zerfall von Molekülen."Energiequellen für die Verbindung der Peptide gab es sicherlichgenug auf der frühen Erde, doch auch damit ist das Problem nochnicht gelöst.Dieselben Energien, die organische Moleküle insLeben rufen, können sie auch zerstören.Um nützlich zu sein,muss die Energie genau in die chemische Reaktion einfließen, diegerade benötigt wird.Unkontrollierter Energieeinfluss, zumBeispiel einfaches Aufheizen, erweist sich in den meisten Fällenals destruktiv oder erfolglos.Man baut keine Säule, indem maneinfach einen Stein auf den anderen legt.Je höher die Säule wird,desto wahrscheinlicher ist es, dass sie zu schwanken beginnt undzusammenbricht.Ebenso zerbrechlich sind lange Ketten ausAminosäuren.Im Allgemeinen führt das Aufheizen organischerMaterie nicht zur Bildung von langen, raffiniertenKettenmolekülen, sondern zu einer teerigen Masse, wie jederGrillkoch bezeugen kann.Natürlich ist der zweite Hauptsatz der Thermodynamik genaugenommen nur ein statistisches Gesetz.Er verbietetphysikalischen Systemen nicht absolut, sich in die «falscheRichtung» zu entwickeln; nur die Wahrscheinlichkeit, dass diespassiert, ist äußerst gering.So ist es zum Beispiel möglich, wennauch sehr unwahrscheinlich, dass eine Säule entsteht, wenn maneine Ladung Backsteine auskippt.Wir wären nicht sehrüberrascht, wenn ein Stein hübsch auf einem anderen landenwürde; doch drei Steine aufeinander wären schonaußergewöhnlich und zehn fast ein Wunder.Bestimmt müssteman sehr lange warten, bevor man die spontane Entstehung einerzehnsteinigen Säule beobachten würde."Finden Reaktionen an einer Oberfläche statt, zum Beispiel an Lehm oderFels, und nicht mitten in einer wässrigen Suppe, dann verschiebt sich diethermodynamische Situation etwas zugunsten der Molekülsynthese. In normalen chemischen Reaktionen, die sich nie weit vomthermodynamischen Gleichgewicht entfernen, werden dieMoleküle so zufällig durcheinander geworfen wie die Steine inunserem Beispiel, und ebenso lange müsste man warten, bevorsich zufällig eine zerbrechliche Molekülkette bilden würde [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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